Der Bikefitting-Prozess ist eine detaillierte und individuelle Angelegenheit, die sowohl die körperlichen Eigenschaften als auch die Fahrtechnik des Radfahrers berücksichtigt. Durch eine Kombination aus Beweglichkeits- und Stabilitätsanalyse, dynamischer Bewegungsanalyse mittels Video- und Satteldruckanalysen sowie direkten Anpassungen vor Ort, wird das Fahrrad perfekt auf den Fahrer abgestimmt.
Ziel ist es, eine ergonomische Position zu finden, die eine optimale Kraftübertragung ermöglicht und gleichzeitig den Komfort maximiert.
PreFitting: Anamnese und Zielsetzung
Das PreFitting legt den Grundstein für ein erfolgreiches Bikefitting. In dieser Phase werden durch Anamnese-Gespräche die bisherigen Erfahrungen, mögliche Beschwerden und die Zielsetzung des Fahrers erfasst. Tests zur Beweglichkeit und Stabilität informieren über die physischen Voraussetzungen und eventuelle muskuläre Dysbalancen, die bei der weiteren Anpassung berücksichtigt werden müssen. Zusätzlich kann eine Leistungsdiagnostik hilfreiche Informationen liefern.
Die gewonnenen Informationen bilden die Basis für die individuelle Anpassung. Sie gewährleisten, dass die folgenden Schritte im Bikefitting-Prozess präzise auf die Bedürfnisse und Ziele jedes Fahrers zugeschnitten sind. Durch die detaillierte Anamnese wird sichergestellt, dass sowohl gesundheitliche Aspekte als auch Leistungsziele in die Anpassung einfließen und somit eine ganzheitliche Optimierung stattfinden kann.
BikeFitting: Bewegungsanalyse und Optimierung
Im eigentlichen BikeFitting wird die Sitzposition mittels dynamischer Bewegungsanalysen, unterstützt durch Video- und Satteldruckanalysen, optimiert. Diese Analysen ermöglichen es, Gelenkwinkel und die Position der Nackenmuskulatur in Echtzeit zu bewerten und die Auswirkungen jeder Anpassung unmittelbar zu überprüfen. Die Anpassungen an Sattel, Cleats und Lenker werden solange wiederholt, bis ein optimaler Kompromiss zwischen dem Gefühl des Fahrers und den Ergebnissen der Analyse erreicht ist.
Das Ziel des BikeFittings ist eine Position, in der kein Buckel im Rücken entsteht und sowohl eine sportliche als auch eine aufrechte Position ohne Beschwerden eingenommen werden kann. Wenn die Körperhaltung geneigt ist, ist es wichtig, das Gewicht so zu verteilen, dass der Druck nicht ausschließlich auf die Sattelspitze verlagert wird, was zu Beschwerden führen könnte.
PostFitting: Anpassungsprozess und Nachverfolgung
Nach der Feinabstimmung der Sitzposition folgt das PostFitting, ein ebenso wichtiger Teil des gesamten Prozesses. Hier werden die finalen Positionsdaten dokumentiert und mögliche Optimierungspotenziale diskutiert. Um die Anpassungen zu vervollständigen, können auch Änderungen an der Ausrüstung vorgenommen werden, wie zum Beispiel die Anpassung von Einlegesohlen bei Fußfehlstellungen.
Zusätzlich erhalten Fahrer oft spezifische Hausaufgaben in Form von:
- Dehn- und Stärkungsübungen, die darauf abzielen, die Mobilität zu erhöhen und die neuen Sitzpositionen zu unterstützen.
- Nach etwa 100 gefahrenen Kilometern alle Schrauben nachzuziehen.
- Bei neuen Schmerzen oder Unannehmlichkeiten die Ursache zu identifizieren und entsprechende Nachjustierungen vorzunehmen, eventuell unter Berücksichtigung von Empfehlungen aus dem Radlabor.
Selbst-Bikefitting: Tipps und Tricks
Nicht jeder hat die Möglichkeit, ein professionelles Bikefitting durchführen zu lassen, aber das bedeutet nicht, dass man auf die Vorteile einer optimierten Sitzposition verzichten muss. Mit ein paar Tipps und Tricks kann man auch zu Hause ein effektives Bikefitting vornehmen. Die Grundausstattung für ein Selbst-Bikefitting umfasst Werkzeuge wie ein Maßband, einen Inbusschlüssel, ein Lot, eine Wasserwaage, einen Drehmomentschlüssel und verschiedene Vorbauten.
Beginnen Sie mit der Einstellung der Sattelhöhe und -position, gefolgt von der Lenkerhöhe und -winkel sowie der Position der Bremshebel. Verwenden Sie die Heel-Methode, um die Sattelhöhe grob einzustellen, und passen Sie dann in kleinen Schritten an, bis die Sitzposition angenehm ist. Achten Sie darauf, nach jeder Anpassung auf neue Schmerzen oder Unannehmlichkeiten zu achten und diese durch entsprechende Nachjustierungen zu korrigieren.
Häufige Fehler beim Bikefitting
Beim Bikefitting können leicht Fehler passieren, insbesondere wenn man versucht, es selbst durchzuführen. Ein häufiger Fehler ist die Verwendung eines falsch dimensionierten Rahmens, was besonders bei kleinen Körpergrößen zu einer unkomfortablen und ineffizienten Sitzposition führen kann. Ein weiterer typischer Fehler ist das Vernachlässigen der individuellen Biomechanik, wie der Hüftmechanik, was zu einer ineffektiven Sitzposition und damit verbundenen Beschwerden führen kann.
Auch das Festhalten an traditionellen Fitting-Regeln wie dem Knielot kann irreführend sein, da es nicht zwangsläufig die beste Ergonomie für jeden Fahrer unterstützt. Beschwerden, besonders in den Knien oder im Rücken, können ein Zeichen dafür sein, dass die Einstellungen nicht mit dem Fahrradtyp, der Körperergonomie und dem Fahrverhalten übereinstimmen. Es ist wichtig, auf die eigenen Empfindungen zu hören und nicht nur starren Regeln zu folgen.
Bikefitting für verschiedene Fahrradtypen
Bikefitting ist nicht für jeden Fahrradtyp gleich. Verschiedene Fahrradtypen, wie E-Bikes, Mountainbikes, Rennräder oder Zeitfahrräder, erfordern spezifische Anpassungen, um das bestmögliche Fahrerlebnis zu erreichen. Ein Zeitfahrer benötigt beispielsweise ein spezielles Fitting für sein TT-Rad, um die bestmögliche Aerodynamik zu gewährleisten. Rennräder erfordern tendenziell eine aerodynamische Position, die im Radsport wichtig ist. Im Gegensatz dazu sind Trekkingbikes mehr auf Komfort ausgerichtet.
Für spezielle Fahrradtypen wie BMX-Räder oder Enduro-Mountainbikes gelten ganz eigene Regeln, da hier die Sattelhöhe eine untergeordnete Rolle spielt und die Anforderungen an Manövrierfähigkeit und Kontrolle im Fokus stehen. Auch bei Alltagsrädern, ob konventionell oder E-Bike, ist die richtige Einstellung für Komfort und Effizienz entscheidend. Ein Lenkwinkel von etwa 90 Grad ist zum Beispiel typisch für ein komfortorientiertes Trekking-Rad.
Zusammenfassung
Bikefitting ist ein Prozess, der den Komfort, die Gesundheit und die Leistung jedes Radfahrers deutlich verbessern kann. Von der korrekten Einstellung der Sattelhöhe über die Fußposition auf den Pedalen bis hin zur Griffposition am Lenker – jede dieser Anpassungen trägt zu einer optimierten Sitzposition und Fahrdynamik bei. Dieser Leitfaden bietet sowohl für Anfänger als auch für erfahrene Radfahrer wertvolle Einblicke, wie sie ihr Bikefitting selbst durchführen können und auf was sie dabei achten sollten.
Mögen die Straßen immer flach und der Wind immer rückwärtig sein! Mit einem gut angepassten Fahrrad wird jede Fahrt zu einem angenehmen Erlebnis, und die Leistungsfähigkeit kann sich voll entfalten. Wir hoffen, dass dieser Leitfaden dazu beiträgt, die Beziehung zwischen Ihnen und Ihrem Fahrrad zu verstärken und Ihre Leidenschaft für das Radfahren weiter zu entfachen.