Mental Fatigue im Ausdauersport

Mental Fatigue: Wenn der Kopf schlapp macht

Egal ob Radsportler, Läufer oder Triathlet – durch ambitionierten Ausdauersport wird nicht nur der Körper müde. Manchmal wird es auch dem Kopf zu viel. Dann spricht die Wissenschaft von Mental Fatigue oder mentaler Ermüdung. Wie die sich äußert und was sich dagegen tun lässt, erfährst du hier.

Wie beeinflusst Mental Fatigue die sportliche Leistung?

Wer sich schon einmal über mehrere Wochen oder Monate auf einen Wettkampf vorbereitet hat, der kennt das vielleicht: ein Gefühl von Ausgelaugt sein – und zwar nicht nur die Muskulatur betreffend, sondern auch im Kopf. Die Motivation ist weg. Sich körperlich anstrengen – muss das wirklich sein?

Wer sich dann doch überwindet und die Einheit durchzieht, bemerkt oft, dass die Beine zwar willig und in der Lage wären, aber die Sportuhr trotzdem nicht die Leistung anzeigt, die eigentlich möglich (oder gefordert) wäre. Grund dafür könnte geistige Erschöpfung sein, in der Sportwissenschaft auch als Mental Fatigue bekannt. Dieses noch nicht sehr gut erforschte Phänomen beschreibt die Psychobiologie als „Zustand mentaler Ermüdung, der nach längeren Phasen intensiver geistiger oder emotionaler Anstrengung auftritt und sich durch ,Müdigkeit‘ und ,Energielosigkeit‘ bemerkbar macht“.

Diese geistige Übermüdung beeinträchtigt die kognitive Leistung, die unter anderem wiederum notwendig ist, um bestimmte Bewegungen korrekt und damit effizient auszuführen. Außerdem fühlen sich körperliche Belastungen viel anstrengender an, wenn der Kopf nicht frisch ist. Soll heißen: Mental Fatigue kann sich in verschiedenerlei Hinsicht negativ auf die physische Leistungsfähigkeit auswirken.

Wie entsteht mentale Ermüdung und wie äußert sie sich?

Mental Fatigue zeigt sich nicht nur in nachlassender physischer Leistungsfähigkeit, sondern vor allem auch in geistigen „Beeinträchtigungen“. So fällt es mental müden Athletinnen und Athleten oft schwer, sich zu konzentrieren und fokussiert bei einer Trainingsaufgabe zu bleiben, sei es, eine bestimmte Pace oder Trittfrequenz zu halten. Durch Mental Fatigue verschlechtert sich mitunter auch die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen. Das ist bei Ballsportarten im Team relevant, kann aber auch die Fahrtechnik auf dem Bike beeinflussen, beispielsweise, wenn es darum geht, vor Kurven abzubremsen. Zudem vermindert sich die Reaktionszeit, die Fehleranfälligkeit wird höher und die Motivation weniger.

Verschiedene Faktoren können zu einer solchen mentalen Ermüdung führen, zum Beispiel:

  • lange Arbeitstage ohne ausreichende Pausen
  • intensive geistige Tätigkeiten, wie komplexe Problemlösungen oder Entscheidungen
  • Stress und emotionale Belastungen, sei es durch berufliche oder private Herausforderungen

Lässt sich mentale Ermüdung messen?

Mental Fatigue objektiv zu messen, ist kaum möglich. Es gibt jedoch einige Methoden, mittels derer Athlet und/oder Coach sie zumindest einschätzen können. Eine ist die subjektive Eischätzung des Sportlers oder der Sportlerin selbst. Eine simple Variante ist eine visuelle Analogskala (VAS), zum Beispiel ganz basal in Form einer etwa 100 mm langen auf Papier gemalten Linie, an deren einem Ende eine Null für „überhaupt nicht ermüdet“ und am anderen eine Hundert für „maximal ermüdet“ steht. Athlet oder Athletin tragen dann ihren gefühlten mentalen Ermüdungszustand per Kreuz oder Strich auf der Linie ein.

Darüber hinaus besteht noch die Möglichkeit, die Mental Fatigue über kognitive Tests festzustellen, zum Beispiel über solche, die auf Reaktionszeit oder Konzentrationsfähigkeit abzielen.

Was tun bei Mental Fatigue?

Es gibt verschiedene Strategien, um mentale Ermüdung zu bewältigen oder sie gar nicht erst entstehen zu lassen. Welche am wirkungsvollsten sind, hängt immer auch von den individuellen Ursachen für die geistige Ermüdung ab. Möglich sind folgende Ansätze im Bereich Training/Regeneration, Ernährung und Sonstiges:

  • Abwechslung im Training: Variiere dein Training, um monotone Abläufe zu vermeiden und den Geist zu stimulieren.
  • Regelmäßige Pausen: Plane Pausen und Erholungstage ein, um deinem Kopf Zeit zur Erholung zu geben.
  • Progressive Belastung: Steigere die Trainingsintensität schrittweise, um Überlastung zu vermeiden.
  • Kohlenhydrate zuführen: Achte darauf, dass du genügend Kohlenhydrate zu dir nimmst. Zucker – und nichts anderes sind Kohlenhydrate – braucht dein Gehirn, um zu funktionieren.
  • Ausreichend hydrieren: Genügend zu trinken ist wichtig, da Dehydration mentale Müdigkeit verstärken kann.
  • Mental kickstarten: Koffein kann unter anderem die kognitive Leistung verbessern. Auch Kreatin kann wohl die negativen Effekte mentaler Ermüdung eindämmen helfen.
  • Meditation und Achtsamkeit: Entspannungstechniken können helfen, den Geist zu beruhigen und Stress abzubauen.
  • Schlaf: Ausreichender und qualitativ hochwertiger Schlaf ist essenziell, damit der Kopf abschalten und sich erholen kann.
  • Zeitmanagement: Strukturiere deinen Tag so, dass du genügend Zeit für Pausen und Erholung hast. Falls du merkst, dass dir Job, Alltag und Training zu viel werden, sprich mit deinem Coach. Er kann deinen Trainingsplan entsprechend anpassen.
  • Soziales: Es gibt in Bezug auf mentale Ermüdung gute und weniger gute soziale Aktivitäten. Sich mit Freunden, Vereinskollegen, Familie oder Coach in Sachen Training und Wettkampf auszutauschen, kann den Kopf entlasten. Doomscrolling auf den Social-Media-Profilen anderer Athleten bewirkt eher das Gegenteil. Also: Weg vom Handy oder die Screen Time radikal begrenzen.

Fazit: Mental Fatigue ernst nehmen

Mental Fatigue ist keine Einbildung und erst recht keine Schwäche. Sie kann deine körperliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigen und dir den Spaß am Sport nehmen. Deshalb höre auf deinen Körper – beziehungsweise Kopf –, nimm Symptome wie nachlassende Leistung, Konzentrations- oder anhaltende Motivationsprobleme ernst und sprich mit deinem Coach darüber. Nur dann hat er die Möglichkeit, der Mental Fatigue effektiv entgegenzuwirken, zum Beispiel, indem er deinen Trainingsplan anpasst.

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