Auch mit 50+ sind sportliche Ausdauerleistungen möglich – und dass die ziemlich gut ausfallen können, ist gar nicht mal selten. Was es bei Training, Ernährung und Regeneration zu beachten gibt, erfährst du hier.
Die gute Nachricht zuerst: Ausdauersport geht bis ins hohe Alter. Nicht nur das, je länger die Distanz wird, desto höher darf das Alter für eine Topperformance sein. Eine Schweizer Studie aus dem Jahr 2014 stellte fest, dass während auf der olympischen Triathlondistanz die stärksten Leistungen mit plus/minus 27 Jahren erbracht wurden, die Spitzenathleten auf der Langdistanz plus/minus 35 Jahre alt waren. Schaut man sich die Ergebnislisten von Ironman-Rennen im Agegroup-Bereich an, stellt man für gewöhnlich zwischen 35 und 40 kaum Unterschiede in den WM-Qualifikationszeiten fest. Auch mit 45 Jahren sind die Athletinnen und Athleten nicht signifikant langsamer. „Vorsichtig gesagt, gibt es mit der Altersklasse 50 und höher einen Abfall“, schätzt HYCYS-Chef Björn Geesmann im Junkmiles-Podcast „Ausdauertraining im Alter“.
Das liege nicht nur am Körperlichen, sondern auch daran, wann man mit der Sportart angefangen habe, so sagt er weiter – aber die Physis verändert sich mit dem Alter unweigerlich. Das schlägt sich auch auf die sportliche Leistungsfähigkeit nieder, bedeutet aber nicht, dass man nicht bis ins hohe Alter aktiv und ambitioniert Ausdauersport betreiben kann. Es gilt nur eben, Training, Ernährung und Regeneration entsprechend anzupassen.
Was verändert sich im Körper mit zunehmendem Alter?
Die ersten degenerativen, also abbauenden, Prozesse im menschlichen Körper setzen bereits ab Mitte 30 ein. Rund ein bis zwei Prozent der Skelettmuskelmasse gehen ab dem 50. Lebensjahr pro Jahr verloren, heißt es unter anderem in einem Beitrag auf der Webseite des Universitäts Spital Zürich. Gleichzeitig nimmt mit dem Alter auch die Knochendichte ab, Sehnen und Bänder verlieren an Elastizität. Diese Veränderungen wirken sich auf die Kraft, Beweglichkeit und Koordination aus und erhöhen das Risiko für Verletzungen, insbesondere bei Ausdauersportarten, mit hoher Belastung und immer wiederkehrenden Bewegungen wie dem Laufen. Auch die Technik, beispielsweise beim Kraulschwimmen, kann aufgrund mangelnder Beweglichkeit leiden, die Bewegung ineffizienter werden. Die gute Nachricht: Diesen Prozessen lässt sich (zu einem gewissen Grad) gegensteuern.
Mit zunehmendem Alter reagiert der Körper außerdem langsamer auf Trainingsreize, was zu einer verlängerten Regenerationszeit führt. Die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) sinkt, was die Ausdauerleistungsfähigkeit verringern kann. Unter anderem eine 2013 in der Fachpublikation PLOS One erschienene Studie zeigte, dass bei den Probandengruppen ab etwa 50 Jahren der VO2max pro Dekade um 8 Prozent sank.
„Die mitochondriale Biogenese, also die Entwicklung der Mitochondrien, die Produktion, beziehungsweise die Synthese der Mitochondrienanzahl, und der Ausbau der Dichte leidet darunter, dass im Alter diese Anpassung einfach nicht mehr so gut funktioniert wie noch in jungen Jahren“, erklärt Björn Geesmann im Podcast. „Das bedeutet, dass gerade im Alter Umfang und Intensität im Training sinnvoll verbunden werden müssen, um diesem Gang entgegenzuwirken – und das funktioniert.“
Wie sieht Training 50+ aus?
Das Training sollte also entsprechend gesteuert sein und die Inhalte immer wieder überprüft werden, um das Risiko von Überlastungen zu minimieren. Intervalltraining und moderate Intensitäten sollten sinnvoll kombiniert werden. Zusätzlich sollte der Fokus vermehrt auf Kraft- und Flexibilitätstraining liegen, um dem Muskelabbau entgegenzuwirken und die Beweglichkeit zu erhalten. Hier empfiehlt sich ein funktionelles Krafttraining, das nicht nur isolierte Muskelgruppen anspricht, sondern auch die stabilisierenden Muskeln und die Koordination trainiert. Dazu Mobilitäts- und Flexibilitätsübungen, um die Beweglichkeit zu erhalten und die Gefahr von Verletzungen zu reduzieren, sowie Koordinationstraining, da mit zunehmendem Alter die neuronale Steuerung, also die Bewegungssteuerung durch das Nervensystem, nachlässt.
Welche Rolle spielen „Trainingsalter“ und Regeneration?
Ob jemand schon in der Jugend begonnen hat, sportlich aktiv zu sein oder erst später in den Sport eingestiegen ist, spielt für die körperlichen Anpassungen und Fitness ebenfalls eine Rolle. Eine 2022 in der Fachpublikation BMJ veröffentlichte Studie bescheinigte Läufern, die bereits in jungen Jahren sportlich aktiv waren, beispielsweise eine besser kardiovaskuläre Gesundheit. Das bedeutet jedoch nicht, dass Neu- oder Wiedereinsteiger keine Fortschritte machen oder gesundheitliche Vorteile aus dem Ausdauertraining ziehen können.
Im Gegenteil: Auch wer erst mit 50 oder später beginnt, kann durch regelmäßiges Training Ausdauer, Kraft und Beweglichkeit erheblich verbessern. Der Schlüssel ist, das Training schrittweise und nachhaltig zu steigern.
Mit zunehmendem Alter wird die Zellregeneration langsamer sowie die Produktion von Hormonen wie Testosteron und Wachstumshormone, die unter anderem für die Erholung notwendig sind. Das kann bedeuten, dass ältere Athletinnen und Athleten mehr Ruhetage und aktive Erholungseinheiten einlegen müssen, um ausreichend regeneriert zu sein, damit sie die Inhalte der anstehenden Trainingseinheiten gut umsetzen zu können.
Ernährung: Ausgewogen, mit Blick aufs Protein
Mit zunehmendem Alter verändert sich der Stoffwechsel und der Bedarf an Makronährstoffen verschiebt sich. Der Kalorienbedarf sinkt – auch aufgrund der geringeren Muskelmasse, denn Muskeln verbrennen mehr Energie als Fett –, während der Bedarf an hochwertigem Eiweiß steigt, um dem Muskelabbau entgegenzuwirken. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät Sportlern aber ohnehin generell zu einer etwas erhöhten Proteinzufuhr von etwa 1,2 bis 2,0 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht. Bei der nicht sportelnden Bevölkerung liegt die Empfehlung bei 0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag, ab 65 Jahren bei einem Gramm. Wer sich insgesamt ausgewogen ernährt, sollte den Bedarf aber gut decken können. Im Zweifel kann ein Ernährungsexperte individuelle Tipps geben.
„Es ist auf jeden Fall auch mit zunehmendem Alter ganz viel Potenzial da, um leistungsfähig zu werden und zu bleiben“, fasst Björn Geesmann zusammen. „Man sollte sich davon nicht unterkriegen lassen, wenn mal gewisse Vorgänge ein bisschen länger dauern. Wenn man mal einen Tag mehr Regeneration braucht, dann ist das völlig okay.“