IRONMAN Hawai’i 2024 – eine Vorschau von Björn Geesmann

Der IRONMAN auf Hawai’i ist nicht nur ein Rennen, er ist eine Legende. Die Weltmeisterschaft zieht jedes Jahr Ausdauersportler aus aller Welt an, die sich der ultimativen Herausforderung stellen wollen. Für viele Triathleten ist es das Highlight ihrer Karriere, und das aus gutem Grund. Es gibt speziell aufgrund der örtlichen Bedingungen keinen vergleichbaren Wettkampf, der so viel Herausforderungen mit sich bringt und Akribie in der Trainingsvorbereitung voraussetzt.

Im männlichen Profifeld werden minimale Details über Sieg und „Niederlage“ entscheiden. Vermutlich war kein Starterfeld im Profi-Triathlon jemals so gut besetzt wie in diesem Jahr in Kailua-Kona.

In diesem Blogbeitrag wage ich eine Vorschau auf die Dynamik des bevorstehenden Rennens.

Das Schwimmen sorgt für eine Vorentscheidung

In diesem Jahr wird es entscheidend sein, in der ersten Schwimmgruppe aus dem Wasser zu kommen. Noch nie war es so wichtig, sich in der vordersten Gruppe zu positionieren, da das Radfahren extrem schnell werden wird. Athleten wie Sam Laidlow, Matthew Marquardt und Kristian Blummenfelt sind bekannt für ihre exzellenten Schwimmfähigkeiten und auch Mitfavorit Magnus Ditlev hat in den vergangenen Jahren die Lücke zu den Topschwimmern immer kleiner gemacht. Diese Kandidaten werden alles daransetzen, von Anfang an nicht nur vorne mit dabei zu sein, sondern das Rennen von der ersten Sekunde an mitzubestimmen. Verliert man beim Schwimmen den Kontakt zur ersten Gruppe, kann es nur für absolute Überbiker mit lediglich kleinem Rückstand möglich sein, noch mal nach ganz vorne aufzuschließen.

Das Schwimmen wird eine erste Vorentscheidung mit sich bringen, da es die Dynamik beim Radfahren maßgeblich beeinflussen wird.

Der Weg nach Hawi und das Rennen der Spezialisten

Das Radfahren wird in diesem Jahr von Spezialisten wie Magnus Ditlev, Sam Laidlow, Matthew Marquardt und Kristian Blummenfelt dominiert. Aufgrund dieser erheblichen Stärke auf dem Rad wage ich die Prognose, dass wir nicht nur einen neuen Rad-Streckenrekord sehen werden, sondern dass sogar die Vier-Stunden-Marke für den Weg bis Hawi und zurück wackelt.

Zum erweiterten Kreis der Favoriten mit einer starken Schwimm-Rad-Kombination und damit auch als potenzieller Teil der Spitzengruppe oder einer ebenfalls schnellen Verfolgergruppe dürfen unter anderem Daniel Baekkegard, Pieter Heemeryck und Rudy von Berg gezählt werden.

Ob Athleten wie Kristian Hogenhaug und Robert Kallin, die auf dem Rad auch als Weltklasse gewertet werden dürfen, in dieser ersten Gruppe präsent sein werden, entscheidet zunächst ihre Schwimmleistung.

Der Wind auf der Strecke von Kailua-Kona kann gnadenlos sein. In den vergangenen Jahren war dieser eher verhalten und sorgte für vergleichsweise milde Bedingungen. Ein ausgeprägter Mumuku-Wind könnte dazu führen, dass es gerade für die leichteren und dennoch starken Radfahrer noch schwieriger wird, Gruppen zu bilden und die Zeitabstände von den Spitzengruppen zum Rest des Feldes noch größer werden.

Die Herausforderung des Laufens

Der Marathon auf Hawai‘i ist eine der härtesten Prüfungen, die ein Triathlet bestehen kann. Neben der Hitze setzt vor allem die Luftfeuchtigkeit den Athleten enorm zu, sodass die Karten im abschließenden Marathon noch mal neu gemischt werden.

Betrachtet man die potenziellen Spitzengruppen nach dem Radfahren, dann haben abseits von Matthew Marquardt und Robert Kallin alle Athleten bereits gezeigt, dass sie Weltklasse-Marathons laufen können. Als wohl schnellsten Läufer dieser Gruppe lässt sich aber Kristian Blummenfelt klar herausstellen, was ihn vermutlich auch zum Topfavoriten für das Rennen macht.

Seine Laufstärke ist kein Geheimnis. Daher darf man sehr gespannt sein, ob es zum Beispiel Sam Laidlow und Magnus Ditlev auf dem Rückweg von Hawi gelingt, Kristian Blummenfelt zu distanzieren – wie Sam es auch 2022 getan hat.

Für den abschließenden Marathon werden Namen ins Spiel kommen, die bis dato vielleicht noch nicht an vorderster Front unterwegs gewesen sind. An Nummer eins zu nennen: Patrick Lange, den ich fünf Jahre lange coachen durfte und der in der Zeit reihenweise Marathons im Bereich von 2:30 bis 2:35 Stunden gerannt ist. Zwar wird der Abstand nach dem Radfahren erheblich sein, auf einen richtig schnellen Marathon von Patrick kann aber getrost gewettet werden. In der Endabrechnung würde ich eine Podiumsplatzierung als absolut möglich ansehen.

Darüber hinaus werden Athleten wie Lionel Sanders, Trevor Foley, Leon Chevalier oder Antonio Benito López gute Chancen haben, ins Rampenlicht zu laufen.

Die Dark Horses

Es ist eine Weltmeisterschaft mit über 50 Weltklasse-Athleten auf der Startliste. Man kann daher all diese Sportler gar nicht genug würdigen.
Neben der Aufzählung aller oben genannter gibt es noch zwei Hände voll an Athleten, die aus meiner Sicht ebenfalls für eine ordentliche Überraschung sorgen können. Darunter unter anderem Gregory Barnaby, Clément Mignon oder – die für mich aktuell größte Unbekannte – Gustav Iden. Der IRONMAN-Weltmeister von 2022 zählt vielleicht nach den nicht einfachen letzten Monaten nicht zu den Topfavoriten, sollte aber niemals außer Acht gelassen werden und ist absolut ein Kandidat für das Podium.

Die IRONMAN-Weltmeisterschaft aus HYCYS-Sicht

In diesem Jahr starten zwei Profiathleten bei der IRONMAN-WM auf Hawai’i, die bei HYCYS gecoacht werden.

Kacper Stepniak wird seit vergangenem Winter von HYCYS Coach Patrick Marseille betreut und erlebt bisher ein hervorragendes Jahr: Mit dem 7. Platz beim IRONMAN Frankfurt, dem Sieg der Challenge Gdansk und drei weiteren Top-5-Ergebnissen über die Mitteldistanz weilt Kacper aktuell auf Position 29 im PTO-Ranking und fliegt mit viel Selbstvertrauen nach Big Island.

Finn Große-Freese ist der jüngste Starter der diesjährigen WM und wird seit einigen Monaten von mir selbst gecoacht. Finn hat sich beim IRONMAN in Frankfurt seinen Slot gesichert und bereitet sich seit Wochen akribisch auf die Weltmeisterschaft vor. Ich erwarte von Finn ein richtig starkes Schwimmen; sehr gerne natürlich mit dem Schwimmausstieg in der ersten Gruppe. Finns Fähigkeiten auf dem Rad sind herausragend. Ob das in diesem Jahr schon dafür reicht, um im Konzert der ganz Großen mitzuspielen, wird der 26. Oktober zeigen. Mit 23 Jahren und viel Talent darf man seine erste Teilnahme auf Hawai’i gerne als Möglichkeit nehmen, um tolle Erfahrungen zu sammeln, viel dazuzulernen und gerne für die eine oder andere Überraschung zu sorgen.

Aus HYCYS-Sicht wünschen wir uns natürlich für die beiden den bestmöglichen Ausgang, dass sie das Rennen möglichst lange mitgestalten können, und vielleicht schaffen Finn oder Kacper ja sogar den Sprung in die Top 10.

Die Prognose – Wer wird gewinnen?

Triathlon ist eine Fehlervermeidungssportart. Gewinnen wird derjenige, der in den unzähligen Stunden der Vorbereitung und dann am Wettkampftag selbst die wenigsten Fehler gemacht hat.

Die Konkurrenz in diesem Jahr ist enorm und die Leistungsdichte für mich so hoch wie in keinem Jahr zuvor. Für mich haben locker zehn Sportler die Fähigkeiten, am Ende auf dem Podium zu stehen. Selbst die Top 10 werden noch hart umkämpft sein. Um die Frage aus der Überschrift aber konkret zu beantworten, hier meine Podiums-Prognose:

1. Kristian Blummenfelt
2. Sam Laidlow
3. Magnus Ditlev