Studie des Monats: Was können Wearables in puncto Schlafverhalten?

Studie des Monats: Was können Wearables in puncto Schlafverhalten?

Oura-Ring, Whoop-Armband, Garmin-Uhr … der Markt für Fitnesstracker, Smartwatches und Co., produktübergreifend auch Wearables genannt, boomt. Seit 2016 hat sich der weltweite Absatz verfünffacht, 2022 gingen 492 Millionen Einheiten über den Ladentisch, in Deutschland waren es 3,2 Millionen, so berichtet das Portal Statista. Der Marktwert von Wearables wird auf 40 Milliarden US-Dollar geschätzt. Doch wie aussagekräftig sind die Daten, die so ein Sensor am Finger, Kopf oder Handgelenk liefert? Dieser Frage hat sich eine australische Studie aus dem Jahr 2022 gewidmet.

Um was geht es genau?

Wissenschaftler des Appleton Institute of Behavioural Science schauten sich sechs Wearables an und verglichen sie bezüglich der Aufzeichnung des Schlafverhaltens der Probanden, deren Herzfrequenz und Herzratenvariabilität. Bei den Probanden handelte es sich um 53 gesunde, junge und aktive Erwachsene (26 Frauen, 27 Männer) ohne diagnostizierte Schlafstörungen, die pro Woche im Schnitt 7,5 Einheiten trainierten.

Die Probandengruppe verbrachte für den Test (leider nur) eine Nacht in einem Schlaflabor, ausgestattet mit allen sechs tragbaren Geräten:

  • der Apple Watch S6
  • dem Garmin Forerunner 245 Music
  • dem Polar Vantage V
  • dem Oura-Ring der Generation 2
  • dem Whoop 3.0 und
  • dem Somfit

Letzteres dürfte das unbekannteste Wearable sein. Im Gegensatz zu den anderen fünf Geräten, die entweder am Handgelenk oder am Finger getragen werden, handelt es sich beim Somfit um eine Art Patch, das auf die Stirn geklebt wird.

Abgeglichen wurden die Daten der Wearables mit dem Goldstandard für Schlafverhalten, der Polysomnographie. Die ist, sehr vereinfacht ausgedrückt, ein Sammelsurium aus Daten verschiedener Messungen oder Messtechniken (z. B. Elektromyographie oder Elektroenzephalographie), die drei Hauptmetriken des Schlafverhaltens erfasst: die Aktivität des Gehirns, die Aktivität bzw. den Tonus der Muskulatur und die Bewegung des Auges. Außerdem teilt die Polysomnografie den Schlaf auch in die einzelnen Phasen ein – Einschlaf-, Leichtschlaf-, zwei Tiefschlaf- und die REM-/Traumschlafphase.

Die Wearables arbeiten meist mittels Beschleunigungssensor, der Bewegungen erkennt, sie erfassen die Herzfrequenz (im Schlaf deutlich verlangsamt) sowie die Herzratenvariabilität (bei guter Schlafqualität hoch) und stellen immerhin drei bis vier Schlafphasen in den jeweils kompatiblen Apps dar.

Welches Ergebnis lieferte die Studie?

Im Vergleich zum Goldstandard ermittelten die Wearables die Faktoren Herzfrequenz und Schlafdauer am akkuratesten, wenn auch nicht immer Schlaf- und Wachphasen korrekt erkannt wurden. Bei der Erkennung und Kategorisierung der Schlafphasen war bei allen getesteten Geräten durchaus noch Luft nach oben. Mag sein, dass sich dies mit den neuen Modellen, die von allen Herstellern in schöner Regelmäßigkeit auf den Markt kommen, geändert hat oder ändern wird.

In Bezug auf die Herzfrequenzvariabilität gab es Abweichungen, je nachdem, wie die Wearables diesen Wert erfassten. Modelle, die über einen Zeitraum von einigen Minuten und nicht dauerhaft messen, laufen Gefahr, dass sie – je nach Schlafphase, in der sie messen – etwas andere Ergebnisse produzieren. Verwendet man aber längerfristig nur ein und dasselbe Wearable und vergleicht dessen ermittelte Werte, lassen sich dennoch Rückschlüsse darauf ziehen, ob die Person, die das Device trägt, gerade mehr gestresst ist als sonst (durch Job, Training, Alkohol etc.) oder schlechter geschlafen hat.

Wie lassen sich die Erkenntnisse im Alltag nutzen?

Solche Devices und Wearables können eine gute Unterstützung im (Trainings-)Alltag sein. Zumal die Hersteller sie kontinuierlich weiterentwickeln. Ihr Nutzen besteht nicht zuletzt darin, dass eine konkrete Zahl in der App, wie gut oder schlecht der Schlaf war und wann man ins Bett gehen sollte, um genügend Nachtruhe zu bekommen, dazu motivieren kann, früher ins Bett zu gehen. Auch dazu, um einen Zusammenhang zwischen Schlafqualität (Wachphasen, Tiefschlafphasen) und Verhalten tagsüber (körperlich aktiv, schlechte Ernährung) zu erkennen und entsprechende Anpassungen vorzunehmen, um möglichst erholt in die nächste Trainingseinheit zu gehen, können solche Wearables dienen.

Das eigene Gefühl, die subjektive Wahrnehmung in puncto Schlafverhalten und -qualität ist aber nach wie vor sehr wichtig. Denkt man bewusst darüber nach, wann man ins Bett gegangen ist, wie schnell man eingeschlafen ist und wie gut man durchgeschlafen hat, ergibt sich für gewöhnlich ein ziemlich zutreffendes Bild davon, ob die Nachtruhe ausreichend und erholsam war. Ganz davon abgesehen, dass nicht jeder mit einer Uhr am Handgelenk oder einem Patch auf der Stirn schlafen kann und möchte.

Ein Wearable kann die eigene Wahrnehmung aber gut ergänzen, ähnlich wie sich im Training Powermeter und Körpergefühl gut ergänzen. Und in dieser Hinsicht ist es erst einmal egal, ob dieses Wearable von Oura, Polar, Apple oder Garmin stammt.

Hier gibt es die Studie des Monats März auch zum Nachhören: Junkmiles #113 | Wearables & Devices

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