Studie des Monats: Trinkstrategien im Ausdauersport

Wer Sport treibt, muss trinken. Je länger und intensiver, desto mehr. Aber welche Strategie zur Flüssigkeitsaufnahme ist die beste für Athletinnen und Athleten? Eine Studie hat intuitives und geplantes Trinken verglichen.

Durst ist per Definition das körperliche Verlangen nach Flüssigkeitsaufnahme. Flüssigkeit braucht der menschliche Körper unter anderem, damit das Blut fließfähig und der Stoffwechsel in den Zellen aufrecht erhalten bleibt. Allerdings funktioniert das anscheinend auch, wenn wir weniger Flüssigkeit aufnehmen, als wir verbraucht haben.

„Meist“, so schreibt Robert W. Kenefick von der Abteilung für Thermal- und Bergmedizin des US Army Research Institute in der diesigen Studie des Monats, „wird der Durst beim Menschen gestillt, bevor eine vollständige Rehydrierung erreicht ist.“ Das bedeutet, dass die Flüssigkeit, die der Körper über Schwitzen oder die Atmung verloren hat, nicht wieder komplett ausgeglichen wird. Das ist kein Problem, solange das Defizit nicht zu groß wird. Bei einer hohen Schweißrate, zum Beispiel unter körperlicher Belastung bei einem Trainingslauf oder einem Hitze-Radmarathon, wird dieser Verlust immer größer, wenn der Athlet oder die Athletin nicht bewusst genügend Flüssigkeit aufnimmt, um ihn zu begrenzen.

Selbst wenn es laut Kenefick „eine Weile dauert, bis sich ein Verlust von 2 % oder mehr der Körpermasse ansammelt“, genügt eine Dehydrierung in dieser Größenordnung bereits, um

  • das Herz-Kreislauf-System vermehrt zu belasten,
  • die Wärmeregulierungsfunktion (Thermoregulierung) des Körpers negativ zu beeinflussen sowie
  • unter bestimmten Bedingungen (warmes Wetter, lange und/oder intensive Einheit) die aerobe Leistung zu beeinträchtigen.

Wer sich unter oben erwähnten 2 % wenig vorstellen kann: Bei einem Athleten mit 80 Kilogramm Körpergewicht wären das ungefähr 1,6 Kilogramm.

Entsprechend wichtig ist die Flüssigkeitszufuhr, sprich: das ausreichende Trinken, im Ausdauersport. Ein Thema, das im Gegensatz zur Kohlenhydratmenge, die Athleten unter Belastung aufnehmen können und sollten, oft etwas zu kurz kommt. Die Studie „Trinkstrategien: Geplantes Trinken versus Trinken nach Durst“, um die es hier geht, betrachtet und vergleicht eben jene beiden Methoden der Flüssigkeitsaufnahme und ordnet sie ein.

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©Triathlonpresse, ©www.highlanderTV.eu, 18.08.2024, CheckIn, Dietmar Tietzmann, Frankfurt am Main, Ingo Kutsche, Ironman, Raceday

„Geplantes Trinken“ versus „Trinken nach Durst“

Das „Trinken nach Durst“ oder „Trinken nach Belieben“ ist die intuitive Version der Flüssigkeitsversorgung. Hier entscheidet das körpereigene Durstsignal, dass es an der Zeit ist, etwas zu trinken, und wie viel getrunken wird. Da der Körper den Reiz setzt und auch wieder stoppt, wenn er genügend Flüssigkeit bekommen hat, ist diese Methode nützlich, um zu vermeiden, zu viel zu trinken und in eine Überhydration zu geraten. Die kann nämlich zu einer Hyponatriämie führen. Das ist ein gefährlicher Zustand, bei dem der Natriumspiegel im Blut durch übermäßige Wasseraufnahme verdünnt wird, was zu Schwindel, Übelkeit und in extremen Fällen zu Krampfanfällen und Koma führen kann. Dieser Mechanismus des intuitiven Trinkens funktioniert im Alltag meist gut – und auch bei sportlichen Belastungen, die nicht sehr lang sind.

Ab einer Belastungsdauer von 90 Minuten sieht das anders aus. Rutschen wir in einem Halbmarathon bei Kilometer 18 in eine Dehydration, ist das nicht so tragisch, das lässt sich ins Ziel retten. Passiert das aber schon Mitte der Radstrecke bei einer Triathlon-Langdistanz, haben wir ein Problem. Hier ist es also sinnvoll, sich eine Trinkstrategie zurechtzulegen. Beim „geplanten Trinken“ oder auch „programmierten Trinken“ orientiert sich der Athlet an einem festgelegten Trinkplan, unabhängig vom Durstgefühl. Dieser Plan berücksichtigt Faktoren wie die erwartete Dauer und Intensität der Belastung, die Umgebungstemperatur und die individuelle Schweißrate. Ziel ist es, den Flüssigkeitsverlust so gering wie möglich zu halten und eine Dehydration von mehr als 2 % des Körpergewichts zu vermeiden. Der Nachteil dieses Ansatzes ist, dass es schwierig sein kann, den tatsächlichen Flüssigkeitsbedarf exakt vorherzusagen.

Denn zum einen lässt sich die Trinkstrategie nie zu 100 % planen und testen. Wer weiß zum Beispiel schon, wie das Wetter am Wettkampftag sein wird? Zum anderen ist es vor allem bei sehr langen Belastungen wie einer Triathlon-Langstrecke oder einem Radmarathon schwer zu sagen, wie viel Flüssigkeit Athlet oder Athletin tatsächlich verloren haben und wie viel entsprechend ersetzt werden muss. Der Klassiker „vor und nach dem Sport wiegen und die Differenz ist der Flüssigkeitsbedarf“, funktioniert nur begrenzt. In den Körpergewichtsverlust spielt nämlich nicht nur die Flüssigkeit hinein, sondern auch verbrannte und (zum Teil) wieder aufgenommene Substrate oder eingelagertes Wasser.

Welche Variante ist sinnvoller für Ausdauersportler?

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass es Bedingungen gibt, bei denen die Flüssigkeitsaufnahme nach Belieben ausreicht, um den Flüssigkeitshaushalt innerhalb der +/-2%-Grenze zu halten. Bei entspannten Einheiten, speziell bei kühlem Wetter zum Beispiel, oder Wettkämpfen von weniger als einer bis zwei Stunden Dauer. Die Studie stellte fest, dass beim Trinken nach Durst in der Praxis etwa die Hälfte des Flüssigkeitsverlusts tatsächlich ersetzt wird.

Da dieser zu ersetzende Verlust sich anhäuft, wenn die Aktivität länger aufrecht erhalten wird, ist Trinken nach Plan empfehlenswert, wenn die Belastung länger als 90 Minuten dauert, sie intensiv oder das Wetter heiß ist. Und auch, wenn eine bestimmte Energiezufuhr gewünscht ist, da über ein Sportgetränk auch Kalorien sowie Mineralstoffe, die für die Leistungsfähigkeit wichtig sind (der Körper verliert über den Schweiß z. B. Natrium, das u. a. für die Wasseraufnahmefähigkeit und damit die Thermoregulation sowie die Muskelfunktion wichtig ist).

Was ist besser: Isogetränk oder Wasser?

Eine Möglichkeit, um solche energetischen bzw. Substratverluste auszugleichen, sind Isogetränke. Dabei handelt es sich um spezielle Getränke, die nicht nur Wasser, sondern auch Elektrolyte (wie Natrium, Kalium) und Kohlenhydrate enthalten. Sie enthalten gleich viele gelöste Teilchen wie das menschliche Blut. Dadurch kann der Körper sie besonders gut aufnehmen.

Studien haben gezeigt, dass Sportler, die Isogetränke zu sich nehmen, im Vergleich zu denen, die nur Wasser trinken, bessere Leistungswerte und eine geringere Ermüdung aufweisen. Der Grund dafür liegt darin, dass die in Isogetränken enthaltenen Kohlenhydrate die Muskelglykogenspeicher schonen und so die Ausdauerleistung verlängern. Zudem verhindern die Elektrolyte eine zu starke Verdünnung des Blutes, was das Risiko einer Hyponatriämie senkt – und anders herum verhindert eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme auch, dass das Blut zu dickflüssig wird.

Es kann sinnvoll sein, während kürzerer Trainingseinheiten oder bei geringerer Intensität Wasser zu trinken und bei längeren oder intensiveren Belastungen auf Isogetränke umzusteigen. Der Wechsel zwischen Wasser und Isogetränken kann je nach den individuellen Bedürfnissen und der Art des Trainings variieren.

Fazit

Die Flüssigkeitszufuhr ist ein komplexer, aber entscheidender Faktor für die Leistung und Thermoregulation im Ausdauersport. Während das „Trinken nach Durst“ für Freizeitsportler bei kurzen und/oder entspannten Einheiten sowie kühlen Umgebungstemperaturen meist eine sinnvolle und sichere Methode darstellt, kann in spezifischen Wettkampfsituationen oder unter extremen Bedingungen das „programmierte Trinken“ sinnvoll und vorteilhaft sein. Unabhängig von der gewählten Strategie sollten Athletinnen und Athleten auf langen Distanzen, bei intensiver Belastung oder Aktivitäten in großer Hitze auch ausreichend Elektrolyte zuzuführen, um energetische und. Substratverluste auszugleichen.

Für weiterführende Infos hört gern in folgende Junkmiles-Folgen rein:
Junkmiles #52 Warum der Flüssigkeitshaushalt so wichtig ist

Junkmiles #123 Studie des Monats: Trinkstrategien

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