Supplemente: Welche sind sinnvoll für Ausdauersportler?
Die Alltagsernährung optimieren, die sportliche Leistung unterstützen, das Immunsystem stärken … es gibt verschiedene Gründe, warum jemand Supplemente einnimmt. Fest steht: Immer mehr Menschen tun es. Laut Statistischem Bundesamt wurden in 2021 rund zwölf Prozent mehr Supplemente produziert als im Jahr davor. Dem Statista Global Consumer Survey zufolge konsumieren drei von vier Deutschen innerhalb eines Jahres Nahrungsergänzungsmittel. Vor allem bei Sportlerinnen und Sportlern sind sie beliebt. Aber bringen sie wirklich etwas? Und, wenn ja: Welche Supplemente sind sinnvoll für Ausdauerathleten?
Was sind Supplemente?
Ein Positionsstatement des Internationalen Olympischen Komitees IOC definiert Supplemente als „Nahrungsmittel, Nahrungsmittelbestandteil, Nährstoff oder nicht-lebensmittelbasierten Bestandteil, die mit einer bestimmten Absicht zusätzlich zur Alltagsernährung eingenommen werden und zu einer bestimmten gesundheitlichen oder leistungsbezogenen Verbesserung führen sollen“.
Vorteil von Supplementen ist, dass sie die gewünschte Komponente, zum Beispiel schnell verfügbare Kohlenhydrate, Protein oder Mikronährstoffe, in konzentrierter Form liefern. Das bedeutet, man muss beispielsweise auf die lange Radausfahrt nicht sechs Bananen mitnehmen, sondern nur zwei bis drei Gels.
Welche Arten von Supplementen gibt es?
Grob einteilen lassen sich Supplemente nach ihrer Verwendung in zwei Gruppen:
- Supplemente, die Defizite in der Ernährung ausgleichen
- Supplemente, um Gesundheit und Energieversorgung zu verbessern
Supplemente, die Defizite in der Ernährung ausgleichen
Um gesund und leistungsfähig zu bleiben, braucht jeder Mensch bestimmte Makro- (Kohlenhydrate, Proteine, Fette) und Mikronährstoffe (Mineralstoffe, Vitamine etc.). Viel lässt sich bei einem gesunden Menschen über eine ausgewogene, abwechslungsreiche Ernährung abdecken. Sportlerinnen und Sportler haben durch die gesteigerte körperliche Aktivität aber einen gesteigerten Bedarf, weshalb es sinnvoll sein kann, bestimmte Nährstoffe zu supplementieren.
Ob und welcher Bedarf vorliegt, sollte immer erst durch eine ärztliche Analyse (z. B. großes Blutbild) abgeklärt werden, da eine Überversorgung sich ins Gegenteil verkehren und negativ auf Gesundheit und Leistung auswirken kann. Unter Umständen kommen für Ausdauerathletinnen und -athleten folgende Supplemente in Betracht:
- Eisen: Diesen Mikronährstoff speichert der Körper in Form von Ferritin. Entsprechend bestimmen Arzt oder Ärztin den Ferritinwert, um festzustellen, ob ein Mangel vorliegt. Für Sportlerinnen und Sportler ist Eisen als Nährstoff und Supplement interessant, da es für den Sauerstofftransport sowie für die Transportwege sämtlicher Nährstoffe über das Blut zuständig ist. Ein latenter Eisenmangel liegt bei Athletinnen und Athleten bei Ferritin-Werten von weniger als 30 Mikrogramm pro Liter vor. Besonders gefährdet für einen Eisenmangel sind junge Athletinnen und Athleten, die schnell wachsen, Sportlerinnen und Sportler im Höhentrainingslager, da der dortige Sauerstoffmangel einen Störfaktor darstellt, der die Eisenversorgung beeinflussen kann, sowie Menstruierende, weil aufgrund der Periode Blut und damit Ferritin verlorengeht.
- Kalzium: Dieser Mineralstoff ist wichtig für die Blutgerinnung, die Muskelkontraktion und die Knochendichte. Der Wert lässt sich im Blutserum bestimmen. Allerdings ist das keine Routineuntersuchung, sodass ein Mangel mitunter erst bemerkt wird, wenn die Knochendichte im CT untersucht wird, also schon ein Problem mit brüchigen Knochen vorliegt (z. B. osteoporotisch bedingte Fraktur) oder vermutet wird. Ausdauerathletinnen und -athleten sollten deshalb auf eine ausreichende Kalzium-Zufuhr achten, zum Beispiel über Milch, Joghurt oder Käse (Gouda, Emmentaler) oder – im Fall einer veganen Ernährungsweise – über Nüsse und Samen (Haselnüsse, Leinsamen, Sesam), grünes Blattgemüse (Grünkohl, Rucola) oder gegebenenfalls auch mit Kalzium angereicherte Pflanzenmilch. Ein Kalzium-Mangel liegt bei einer Konzentration von weniger als 2,3 mmol/l im Blutserum vor.
- Vitamin D: Der Körper kann dieses Vitamin nicht selbst herstellen. Wir müssen es über die Nahrung (nur geringe Mengen enthalten) zuführen, produzieren es aber hauptsächlich, wenn die Sonne auf unsere Haut scheint. Im sportlichen Kontext ist Vitamin D wichtig für ein starkes Immunsystem und die Knochendichte. Letzteres ist hier fast die wichtigere Funktion, da sich das Immunsystem auch über andere Wege anpassen kann, z. B. über oxidativen Stress. Eine hohe Knochendichte bedeutet, dass Athlet oder Athletin hochvoluminöses Training besser tolerieren können. Einer Studie in der Fachpublikation Nutrition and Athletic Performance of Medicine and Science in Exercise zufolge soll es auch die neuromuskuläre Funktion, also das Zusammenspiel von Nerven und Muskeln, verbessern und die für Ausdauerbelastungen relevante Typ-2-Muskulatur vergrößern. Der Haken: Es gibt keine wissenschaftlich belegten Grenzwerte für hochtrainierte Sportler. Aktuell gelten 50 bis 75 Nanomol als Normalbereich, unter 50 Nanomol als Unterversorgung.
Supplemente, um Gesundheit und Energieversorgung zu verbessern
Zu den Supplementen für die (schnelle) Energieversorgung gehören Gels, Riegel oder Sport-/Energy-Drinks. Auch Proteinshakes fallen in diese Kategorie und sind durchaus mal sinnvoll, wenn keine Zeit zum Kochen/Einkaufen ist, um darüber eine ausreichende Nährstoffversorgung sicherzustellen.
Daneben gibt es noch ein paar wenige Supplemente, die sich nachgewiesenermaßen positiv auf die Leistungsfähigkeit auswirken, und sich für die Anforderungen des Ausdauersports eignen. Dass ist wichtig. Denn es hilft nichts, ein an sich wirksames Supplement zu nehmen, das einen Effekt hat, den man gar nicht braucht.
Ein Beispiel: Sodium-Bicarbonat, ein alkalisches Salz, das den pH-Wert puffert, hilft beispielsweise dabei, hochintensive Belastungen besser auszuhalten. Die kommen im (Mittel- und Langstrecken-)Triathlon oder Radsport nicht vor.
Folgende Supplemente treffen das Anforderungsprofil eines Ausdauersportler schon eher:
- Gurkenwasser: Es mag seltsam klingen und einige Athletinnen und Athleten dürften sich beim Gedanken daran, Gurkenwasser zu trinken, schütteln. Aber die Überwindung lohnt sich. Eine Studie im Journal of Athletic Training aus dem Jahr 2014 bescheinigte dem „Drink“ eine krampfverkürzende Wirkung. Vermutlich, so glauben die Autoren der Studie, weil das Gurkenwasser muskuläre Reflexe auslöst, sobald es in Kontakt mit dem hinteren Halsbereich kommt. Das wiederum stoppt Fehlzündungen von Neuronen im ganzen Körper und schaltet das Krampfgefühl ab.
- Koffein: Einer im Jahr 2019 in der Fachpublikation Nutrients erschienenen Studie zufolge verbesserte sich nicht nur die relative und absolute Leistung im Zeitfahren bei Probanden als Folge einer Aufnahme von 6 mg/kg Koffein. Auch auf längere körperliche Belastungen wirkte es sich vorteilhaft auf die Leistung der Probanden aus, wie z. B. im Zuge einer zweistündigen Belastung bei 60 % VO2max mit kurzen intensiven Spitzen (82 % VO2max) und anschließendem Zeitfahren. Egal ob die Testpersonen nach 80 Minuten auf dem Rad 1,5 mg/kg Koffein bekommen hatten oder 2,9 mg/kg – allesamt schnitten im Zeitfahren besser ab als die Placebogruppe, die Radfahrer mit der höheren Dosis noch ein bisschen besser. Aber: Wer normalerweise kein Koffein zu sich nimmt, sollte sich erst langsam daran gewöhnen.
- Nitrat: Der Körper wandelt diese Substanz in Nitrit um, diese wird zu Stickstoffmonoxid (NO) und das wiederum erweitert die Blutgefäße – so zumindest die Theorie mit nachweislicher Substanz. Sind die Blutgefäße weit, sinkt der Blutdruck. Das ist noch nicht per se leistungssteigernd. Nitrat senkt aber auch den Sauerstoffverbrauch bei submaximaler Leistung. Das heißt, der Sportler ist effizienter unterwegs, weil er weniger Sauerstoff verbraucht. Viel Nitrat steckt in Rote Bete. In einer 2012 im International Journal of Sport Nutrition and Exercise Metabolism veröffentlichten Studie konnten die Probanden ihre Sauerstoffaufnahme bei submaximaler Leistung reduzieren und die Leistung im folgenden 10 km Zeitfahren Die Probanden hatten in den 6 Tage vorher jeweils 8 mmol Nitrat pro Tag bekommen (0,5 l Rote-Bete-Saft liefert ca. 4,5 bis 6,5 mmol).
- Ketonkörper: Ketonkörper sind zunächst einmal ein natürlicher Stoff, den der Körper bildet, wenn ein Kohlenhydratmangel in irgendeiner Form vorliegt. Sie entstehen also unter Glukosemangel – und dieser führt auch zu einer Steigerung von EPO, einem in der Niere produzierten Hormon, das die Bildung roter Blutkörperchen im Knochenmark anregt und so über einen besseren Sauerstofftransport die Ausdauerleistung verbessert und die Erholungszeit verkürzt. Kein Wunder, dass es als chemisch hergestelltes Dopingmittel Karriere gemacht hat. Dies aber mal beiseitegelassen: Was passiert, wenn der Körper Ketonkörper nicht durch Kohlenhydratverarmung selbst bilden muss, sondern sie zugeführt bekommt? Die Antwort gibt eine Studie aus 2023, die im American Journal of Physiology, Endocrinology and Metabolism erschien, stellte fest, dass die Probanden, die nach einer 60-minütigen Radeinheit mit zweiminütigen Intervallen, 0,29 g/kg Ketonkörper bekamen, eine signifikant höhere EPO-Konzentration aufwiesen als die Kontrollgruppe, die einen Protein-Recoveryshake bekam. Zugeführte Ketonkörper haben also Einfluss auf die Produktion von EPO und damit auf die Leistung. Allerdings lässt sich nicht sagen, ob der Effekt einmalig ist oder zur Folge hat, dass mehr rote Blutkörperchen gebildet und der Sauerstofftransport dauerhaft verbessert wird. Zudem ist eine solche Menge an Ketonkörpern als Supplement sehr teuer.
Fazit: Supplemente im Ausdauersport
Es gibt Supplemente, die im Ausdauersport eine sinnvolle Ergänzung sein können. Und bitte nicht mehr. Ein Supplement sollte niemals dauerhaft als Ersatz für eine ausgewogene, abwechslungsreiche, frische Ernährung dienen (müssen). Wichtig ist auch, dass du nicht wild alles ausprobierst. Erst wenn es nachweislich ein Problem mit adäquatem Energiestatus oder einen Mangel an Mikronährstoffen gibt, ist es sinnvoll, zu supplementieren. Und auch dann nur nach Rücksprache mit einem Arzt.
Bei leistungsunterstützenden Supplementen ist es entscheidend, dass sie einen Effekt haben, der für die jeweilige Disziplin nützlich ist. Vorsicht: Du kannst immer auch ungewollt überdosieren und riskierst damit Nebenwirkungen … und wenn es „nur“ die Magen-Darm-Probleme während der langen Einheit oder im Wettkampf sind.
Weitere Infos zu Supplementen findest du auch in folgenden Junkmiles-Episoden:
Junkmiles | #87 – Supplemente, die funktionieren
Junkmiles | #82 – Die Benefits von Rote Bete
Junkmiles | #78 – Studie des Monats: Ketonkörper
Junkmiles | # 70 – 1,3,7-Trimethylxanthin; oder auch: Koffein