Laufökonomie verbessern
– mit gleicher Leistung zu
höherem Lauftempo

So wichtig und bisher so unterschätzt: Die Laufökonomie. Anders als bei den beiden energieliefernden Systemen aus aerobem und anaerobem Stoffwechsel wird die Ökonomie und damit die Fähigkeit die umgewandelte Energie „auf die Straße“ zu bringen häufig im Training vernachlässigt. Wir möchten euch einige Einblicke in die Bedeutung der Laufökonomie geben und euch vor allem zeigen, wie ihr diese im Training verbessern könnt!
Vergleicht man den Rad- und Laufsport auf metabolisch-physiologischer Ebene lassen sich zunächst zwei Gemeinsamkeiten herausstellen. Zum einen der aerobe Stoffwechsel (Parameter: maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max)), der in beiden Sportarten für die Energiebereitstellung unter Umsetzung von Sauerstoff steht und sowohl als auch möglichst hoch sein darf. Zum anderen der anaerobe Stoffwechsel (Parameter: maximale Laktatbildungsrate (VLamax)), der vorrangig über den glykolytischen Weg Energie aus Kohlenhydraten bereitstellt und je nach Belastungsdauer- und intensität differenziert betrachtet und trainiert werden muss.

Beim weiteren Vergleich der beiden Ausdauerdisziplinen lässt sich aber eine große Unterscheidung herausstellen: Die Bewegungsökonomie. Im Radsport ist diese durch ein relative starres Bewegungsmuster, bestehend aus einer Kurbel inklusive zugehöriger Kurbellänge, die es mit einer bestimmten Umdrehungsgeschwindigkeit kontinuierlich um 360° zu drehen gilt, vordefiniert. Die individuellen Unterscheidungen in der Bewegungsökonomie sind dabei selbst zwischen Profi- und Hobbysportlern nicht exorbitant und befinden sich im tieferen einstelligen Prozentbereich.

Anders verhält es sich mit der Bewegungsökonomie beim Laufen – auch Laufökonomie genannt. Anders als beim Radfahren ist die Vortriebsgenerierung keinesfalls vorgegeben, sondern unterscheidet sich – sinnbildlich – von der Sohle bis zur Haarspitze. Beim Fußaufsatz gibt es nicht nur Unterscheidungen zwischen Vorfuß-, Mittelfuß oder Fersenläufer, auch die Relation des Fußaufsatzes zum Körperschwerpunkt spielt eine enorme Rolle. Die Steifigkeit der passiven Strukturen wie Sehnen und Bänder entscheidet über die Energieübertragung im Dehnungs-Verkürzungszyklus des Laufschrittes; Hüftstreckung, Armeinsatz und Stabilität des Oberkörpers sind im weiteren Verlauf bis zur Haarspitze entscheidende Faktoren für die Ökonomie.

Verhältnis aus aufgebrachter Energie und generiertem Vortrieb

Doch was genau ist eigentlich die Laufökonomie? Physiologisch ist sie definiert, als das Verhältnis aus Energieumsatz in Relation zur Laufgeschwindigkeit. Oder auch das Maß an Effizienz welches aussagt, wieviel der aufgebrachten Energie auch wirklich in Vortrieb umgesetzt werden kann. Das Prinzip für Training und Wettkampf ist dabei natürlich denkbar einfach: Je mehr Vortrieb aus gleicher Energiemenge herausgeholt werden kann, desto besser.

Dabei ist die Laufökonomie metabolisch messbar und wird in Sauerstoffbedarf (relativiert auf das Körpergewicht) pro Geschwindigkeit ermittelt. Benötigt nun also HYCYS Athletin “Lisa” (65 Kilogramm Körpergewicht) bei einer Laufgeschwindigkeit von 4:30 Minuten pro Kilometer (3,7 Meter pro Sekunde/ 13,3 Kilometer pro Stunde) 3.500 Milliliter Sauerstoff pro Minute entspräche das einer Laufökonomie von 14,55 ml/min/kg*m/s. Wissenschaftlich sauber wäre diese Rechnung noch nicht, da für eine korrekte Bestimmung der Laufökonomie der Sauerstoffbedarf in Ruhe abgezogen und die Ökonomie grundsätzlich auf den respiratorischen Quotienten (und damit auf den akuten Energiestoffwechsel) relativiert werden muss – entscheidende Faktoren bei der Auswahl des Anbieters für Lauf-Leistungsdiagnostiken oder Ökonomietests.

Anders als beim Radsport, wo die Unterschiede in der Ökonomie der Sportler gering sind, ist der Unterschied im individuellen Vergleich der Laufökonomie häufig deutlich größer. Die tiefsten Laufökonomien, die wir bei HYCYS in der Historie gemessen haben, liegen im Bereich von etwa 8 ml/min/kg*m/s. Mit derartigen Werten ist ein Höchstmaß an Effizienz gegeben, die Umsetzung der Energiebereitstellung in Vortrieb kann als optimal angesehen werden. Als sehr gute Werte können bereits Laufökonomien im Bereich von 9 bis 11 ml/min/kg*m/s angesehen werden. Probleme in der Übertragung der Leistungsfähigkeit auf die Straße liegen im Bereich von 14 bis 16 ml/min/kg*m/s vor, bei solchen Werten wird viel Energie verschwendet.

Die Laufökonomie birgt riesige Potentiale

Die Werte sind schwierig einzuschätzen und es wird noch nicht deutlich, welche großen Potentiale in der Laufökonomie liegen? Wir haben ein kleines Rechenbeispiel für euch:

Unsere Sportlerin Jana B. möchte in drei Monaten ihren nächsten Marathon bestreiten und eine neue persönliche Bestzeit erlaufen. Jana hat eine VO2max von 60 ml/min/kg. Für den Marathon prognostiziert ihr HYCYS Coach eine Laufleistung bei etwa 60% der VO2max; demnach wird Jana beim Marathon im Bereich von 36 ml/min/kg ihrer VO2 laufen. Bei ihrer letzten Leistungsdiagnostik wurde Jana eine Laufökonomie von 12 ml/min/kg*m/s diagnostiziert, mit ihrer entsprechenden VO2 im Marathon kann Jana also 3 m/s (bzw. 10,8 km/h) laufen. Das ergäbe aktuell eine Marathon-Zeit von 3:54:25 Stunden.

Über die nächsten Wochen möchte Jana ihrer Laufökonomie weiterverbessern, es stehen viele Trainingsinhalte wie Plyometrics, Lauf-ABC und Co. auf dem Programm. Das Ziel: Eine Verbesserung der Ökonomie um 10 Prozent. Durchaus realistisch, da sie ihren Fokus bisher nicht auf derartige Trainingsinhalte gelegt hat.

Eine Verbesserung von 10% wurde eine „neue“ Laufökonomie von 10,8 ml/min/kg*m/s bedeuten (12 ml/min/kg*m/s*0,9). Die Geschwindigkeit, die Jana demnach – ohne jegliche Verbesserung ihrer bisherigen VO2 – laufen kann, läge demnach bei 3,3 m/s (12 km/h). Das würde eine Marathonzeit on 3:30:59 Stunden bedeuten, Jana hätte demnach nur über die 10 prozentige Verbesserung ihrer Laufökonomie 23:26 Minuten herausgeholt.

Grund genug, die Potentiale der Laufökonomie zu erkennen und durch qualitatives Training mit Lauf Coaching abzugreifen.

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